Unkorrekte Wünsche

pyramideDie amerikanische Konzernmutti belehrt uns wenigstens einmal im Jahr, wie wir uns gegenüber Kunden, Lieferanten, Kollegen und sonstigen Menschen zu benehmen haben. Geh schön rechts und grüß die Leute.
Bei der letzten Belehrung nebst obligatorischem Test am Ende kassierte ich einen Minuspunkt. Bei fast allen Beispielen geht es um Insidergeschäfte und Bestechung. Auf die Frage, was als Geschenk für einen Geschäftspartner kurz vor Weihnachten angemessen wäre, antwortete ich also so sparsam wie zurückhaltend: die Weihnachtskarte. Falsch. Die Weihnachtskarte, wurde ich belehrt, könnte religiöse Gefühle verletzen bei denen, die Weihnachten nicht feiern. Korrekt wäre die Packung Donuts gewesen.
Werden die eigentlich in Schweineschmalz gebacken, wie man das in Sachsen mit Kräbbeln zu tun pflegte? Enthalten sie also Tier? Enthalten sie Gluten? Spuren von Nüssen? Und was ist mit den gewichtsmäßig herausgeforderten Mitbürgern, die lieber nur eine Möhre sehen würden?
Nein, ich glaube nicht, dass eine Weihnachtskarte bei einem geistig gesunden Menschen irgendwelche Gefühle verletzen kann. Im Osten Deutschlands lebt die atheistischste Bevölkerung der Welt. Selbstverständlich stellt sie Weihnachtsbäume ins Wohnzimmer, wünscht einander „Fröhliche Weihnachten“ und singt mindestens „Oh Tannebaum“. Weihnachten ist für uns keine religiöse Angelegenheit, sondern mehr oder weniger zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. In der finstersten Zeit des Jahres trifft sich die Familie, lässt es sich gut gehen und feiert, dass das Licht zurückkehrt. Das ist um einiges älter als die Behauptung, der Erlöser der – immer noch unerlösten – Welt sei geboren worden. Und seien wir ehrlich – elektrisches Licht hat die Sehnsucht nach Sonnenschein kein bisschen untergraben.
Wer gute Wünsche zum Anlass nimmt, sich beleidigt zu fühlen, dem ist nicht mehr zu helfen. Ich jedenfalls habe kein Problem damit, wenn man mir im Februar knallbunte Neujahrswünsche aus China schickt. Es ist nett, auch wenn mein neues Jahr schon ein paar Tage alt ist. Was zählt, ist der Wunsch und die gute Absicht. Anderen eine glückliche Zeit zu wünschen, kann überhaupt nicht falsch sein. Fröhliche Weihnachten!

Über Heidrun Jänchen

Physikerin, Autorin von Fantasy und Science Fiction und als Mitglied der Bevölkerung engagierte und unangepasste Bürgerin
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