Notfallblog: Mütend

Immerhin war die Polizei in Jena bereit, das Versammlungsverbot auch durchzusetzen …

Die Intensivstation des Jenaer Uniklinikums meldet, dass man keine freien Betten mehr hat und gezwungen ist, Kranke in andere Bundesländer zu verlagern. Am nächsten Tag rotten sich in Jena Querdenker zusammen, um für die Rettung ihrer Kinder vor Infektionsschutzmaßnahmen zu demonstrieren. Kleine, traumatisierte Querdenkerkinder tragen Gehörschutz, um ihr eigenes, nervtötendes Getrommel nicht hören zu müssen. Immerhin, die Polizei löst die absurde Veranstaltung zügig auf.
Was geht, denke ich, in diesen verschwurbelten Gehirnen eigentlich vor? Was in Eltern, die Schnelltests an ihren Kindern untersagen, weil Sonnenscheinchen seelischen Schaden nehmen könnte, wenn es gezwungen ist, auf einen Teststreifen zu spucken? Meinen sie ernsthaft, es sei weniger erschütternd für ihre heilige Rotzgöre, wenn es heißt: „Also Tante Heike kommt nicht mehr in die Kita. Die ist tot, weil du sie mit deinen Viren angesteckt hast.“
Für den Zustand ratloser Empörung, emotionaler Erschöpfung und mühsam unterdrückter Aggression hat das Internet ein Wort ausgespuckt: mütend, ein Kofferwort aus müde und wütend. Als ich es sah, fühlte ich mich verstanden. Seit über einem Jahr halte ich mich an alle möglichen Beschränkungen. Ich möchte endlich wieder irgendetwas anderes tun, als endlose Runden durchs Jenaer Paradies oder über die umliegenden Berge zu drehen.
Aber einerseits scheißen die Quarkdenker auf jegliche Vorsicht. Sie schleppen Plakate herum, auf denen „Frieden, Freiheit, Liebe“ steht, nehmen aber billigend in Kauf, dass ihrer Liebe wegen Menschen qualvoll ersticken. (Meine Kollegin hat es überlebt, aber ihre Schilderung war heftig.) Leute, dann verwendet wenigstens Kondome! Ich möchte ihnen ihre scheinheiligen Phrasen gern um die Ohren hauen, und glaubt mir, ich kann gut mit Stöcken umgehen, auch wenn ein Plakat drangenagelt ist.
Andererseits tut die Politik wenig bis nichts, um endlich die Pandemie zu stoppen. Der Gothaer Landrat (nicht CDU, sagt Siegfried, sondern SPD) regt sich allen Ernstes darüber auf, dass ihm das Bildungsministerium untersagt hat, bei einer Inzidenz über 300 die Schulen im Regelbetrieb zu öffnen. Was stimmt mit dem Mann nicht – abgesehen von seiner SPD-Mitgliedschaft? Es gibt weder die Aufhebung des Patentschutzes für COVID19-Impfstoffe (was rechtlich angesichts der Notlage möglich wäre), noch eine Testpflicht in Unternehmen. Von einer Kontrolle, ob man denn das Recht auf Homeoffice achtet, ganz abgesehen. Gibt es nicht. Wir arbeiten größtenteils zu Hause, aber es hat sich bis auf die Gewerkschaft („Wie funktioniert das bei euch?“) noch keiner danach erkundigt. Es ist den Behörden scheißegal. Es ist der Politik scheißegal. Sie machen Modellversuche, ob man die Inzidenz eher mit Unterricht oder mit Shopping in die Höhe treiben kann. In Thüringen!
Und praktisch täglich kommt irgendein Politiker auf die grandiose Idee, wir müssten unsere Freizeitaktivitäten mehr einschränken. Ich könnte aufhören zu bloggen. Ihr wisst ja, die Computerviren! Ich wollte, den Stuss würde mir mal einer ins Gesicht, also in die Maske, sagen. Damit ich ihn so richtig vollmüten kann, mit oder ohne requiriertes Querdenker-Plakat.

Über Heidrun Jänchen

Physikerin, Autorin von Fantasy und Science Fiction und als Mitglied der Bevölkerung engagierte und unangepasste Bürgerin
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13 Antworten zu Notfallblog: Mütend

  1. Siegfried Nucke schreibt:

    Moin, schnell korrigieren – der Landrat in GOTHA ist in der SPD. GrüßeGrüße Siegfried

    >

  2. rennradopa schreibt:

    Hat dies auf rennradopa rebloggt und kommentierte:
    Mütend in Jena.

  3. Lieschen Müller schreibt:

    Liebe Heidrun,
    Ihre Berichte des Stadtentwicklungsausschusses habe ich immer recht amüsant gefunden und hätte Sie mir damals tatsächlich als Oberbürgermeisterin vorstellen können; der Text, den Sie jedoch hier abgeliefert haben, liegt weit unter Ihren Möglichkeiten, sowohl sprachlich als auch argumentativ. Ich sehe ihn als wunderbares Beispiel für Hass und Hetze im Internet an. Nur ist mir nicht ganz klar, wieso Ihnen sämtliche Lampen durchknallen. Wegen des Dauerlockdowns? Weil Sie gezwungen sind, daheim zu urlauben? Ist doch toll, was Sie auf Ihren Tagesausflügen entdecken! Weiße Veilchen und pinke Leberblümchen. Gibt es schon mindestens 30 Jahre und ich bin gespannt, ob Ihnen demnächst auffällt, dass das Zweiblatt auch mehr Blätter haben kann. (Ich verspreche Ihnen, dass die heimische Natur noch einige Überraschungen zu bieten hat.) Hier suchen und wertschätzen Sie das Außergewöhnliche, das Abweichende und Ihre Fotos sind auch gelungen. Zusammenfassend kann man sagen, mit Gemäuern, Flora und Fauna können Sie ganz gut, mit Menschen nicht so. Dabei ist die Situation doch für alle unbefriedigend und offenbar gibt es unterschiedliche Ansätze, damit umzugehen. Statt künftig tollwütig um sich zu schlagen, empfehle ich das Gespräch zu suchen mit Menschen, die anders sind, die andere Formen des Umgangs mit der Lage pflegen, statt sie von vornherein ungeprüft zu beschimpfen. Mich zum Beispiel faszinieren andere, ich frage da oft nach. Beim Wandern oder auf dem Weg dorthin begegnen mir gelegentlich Menschen, die in freier Natur mutterseelenallein eine Maske tragen. Da wundert man sich doch, nicht? Also frage ich nach! Die Antworten sind völlig überraschend, da ist alles dabei: „war vorhin noch im Laden und hab vergessen, dass ich sie noch aufhabe“, „die hält so schön warm“, „kümmer dich um deinen eigenen Scheiß“ oder wortloses Augenrollen.
    Ihr Urteil, liebe Heidrun, über andere ist längst fertig, da ist keine Neugier, kein Wundern, kein Staunen, da ist massive Ablehnung, Selbstgerechtigkeit und das trotzige Bewusstsein, auf der richtigen Seite zu stehen. Nur ist es so simpel nicht. Woher kommt aber die Empathielosigkeit für Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen? Wenn Sie sich schon fragen, (statt die Gelegenheit zu nutzen, die Eltern selbst zu fragen), wieso Eltern den Test verweigern, dann denken Sie doch mal einen Schritt weiter. Was passiert mit einem positiv getesteten Kind? Alle sehen es, alle wissen es und jeder wird mit dem Finger zeigen. Machen wir uns nichts vor, Kinder können grausam sein. In meiner Schulzeit ist zum Fahnenappell mal ein Schüler ohnmächtig geworden: diesen Makel, dieses Image ist der sein Lebtag nicht wieder losgeworden. Eltern machen sich naturgemäß Sorgen um den Nachwuchs. Vielleicht gibt es den ein oder anderen Kasper, der aus seinem positiven Testergebnis eine Riesenshow macht, der ganz überwiegende Teil an Kinderseelen ist jedoch nicht so robust. Vor Schmerz und Pein wollen die Eltern ihre Kinder bewahren. Sie tun das nicht, liebe Heidrun, um Sie persönlich damit zu ärgern. Manche widersprechen still mit einem Formular, manche trommeln ihren Protest laut in die Welt. Ich war weder Zeuge noch Teilnehmer der von Ihnen beschriebenen Veranstaltung, finde es jedoch klasse, wenn die Kinder einen Ohrenschutz trugen. Da ist Verantwortungsgefühl. Da ist überhaupt Gefühl, eine mütende Menge, da war Gelegenheit zum Austausch und die haben Sie leider verpasst. Die gute Nachricht: es wird weitere Gelegenheiten geben. Dass Sie diese beherzt nutzen mögen wünscht sich und Ihnen
    Lieschen Müller

    • Heidrun Jänchen schreibt:

      Wenn ich das richtig verstehe, lautet der Vorschlag ungefähr, dass ich einerseits glücklich und zufrieden sein soll, meinen Urlaub in einem kalten und nieseligen März in Thüringens kahlen Parks verbringen zu dürfen, denn – he! – ich habe immerhin ein Parma-Veilchen gefunden, aber andererseits ganz viel Verständnis für Leute zu haben, die sich von Urlaub in Thüringen, Maskenzwang beim Einkaufen und der Zumutung eines Schnelltests so genervt fühlen, dass sie an jedem Wochenende quer durch Deutschland touren, lauthals „Ein bisschen SARS muss sein“ singen und Polonaise tanzen müssen – auf dass der Irrsinn auf ewig so weitergehe. Das klingt irgendwie … als müsste ich komplett bescheuert sein.

      • Lieschen Müller schreibt:

        Es war eher eine Einladung zu wachsen, Ihre Persönlichkeit und den Horizont zu erweitern. Selbstverständlich dürfen Sie stattdessen weiterhin Ihre Vorurteile pflegen.

  4. Ossiblock schreibt:

    Moin Heidrun,

    was Lieschen Müller schreibt – ja, da stimme ich ihr zu.
    Dein Artikel war „aus der Hüfte geschossen“. Also etwas daneben. Ich hoffe, daß Du mit sachlicher Kritik umgehen kannst.

    Mein Sohn macht gerade Abi. Weißt Du wie es den Jugendlichen seit einem Jahr geht? Ich schon.

    Es gibt auch keine realen Hintergründe, um all diese Maßnahmen zu begründen. Es gab nie eine Übersterblichkeit – das sagen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Nicht ich. Aber dem Überbringer schlechter Nachrichten wurde schon immer das Blei in den Hals gegossen.

    Vielleicht sind ja zwei kritische Stimmen ausreichend, damit Du mal darüber nachdenkst …

    Und nur am Rande: Ich habe genau ein Jahr nach Dir mein Abitur gemacht. Also haben wir fast das Gleiche in der DDR (und danach erlebt).

    Freundliche Grüße vom Fischkopp

    • Heidrun Jänchen schreibt:

      Dass es Schulkinder schwer haben, steht doch außer Frage. Deshalb habe ich schon im Herbst eine Reihe von Ideen verbreitet: ordentlichen Digitalunterricht (nicht: Hausaufgaben per Mail), Halbierung der Klassen, Schichtsystem, Ausdünnung des Lehrplans, Unterricht im Freien, wo es geht (was interessanterweise jetzt Politiker als neuen Normalfall etablieren möchten), Aufstockung des Personals durch Studenten und pensionierte Lehrer, Bildungsfernsehen … All das hätte im September noch richtig geholfen, aber außer „Die Schulen bleiben auf jeden Fall offen!“ ist nichts passiert. Im Moment haben wir doch ein unsägliches Hin und Her zwischen Normalunterricht, eingeschränktem Unterricht und Quarantäne. Je länger man herumpfuscht, umso schlimmer wird es – vor allem für die Kinder.
      In Thüringen haben wir derzeit gerade noch 4 Kreise, in denen überhaupt Präsenzunterricht möglich ist: Suhl, Hildburghausen, Unstrut-Hainich und Jena. Wenn man die Wahl hat, ob man Schnelltests macht oder nächste Woche wieder komplett ins Homeschooling ausweicht, dann wäre ich für Schnelltest. Genau deshalb regen mich Leute so auf, die glauben, das könnte man ihrem Kind nicht zumuten.

  5. Inge schreibt:

    Liebe Heidrun,

    auch wenn ich Deine harte Meinung in Sachen Coronabekämpfung in vielen Punkten nicht teile – es geht mir ähnlich. Auch ich bin müde und wütend darüber, dass ich seit einem Jahr und auf unbestimmte Zeit auf manches verzichten muss, was mir wichtig ist, und das sehr wahrscheinlich auch, weil sich zu viele Menschen derzeit nicht so verhalten wie man sich verhalten sollte, wenn ein hochansteckender und für manche Menschen durchaus gefährlicher Virus unterwegs ist.

    Ich muss aber zugeben, dass ich wie Heidrun in der bequemen Situation bin, keine schulpflichtigen Kinder und ein sicheres Einkommen zu haben – aus einer Arbeit, die ich zum großen Teil zu Hause erledigen kann, und wenn ich doch mal an meinen Arbeitsplatz muss, stellt mir mein Arbeitgeber kostenlose Tests und Masken zur Verfügung. Trotzdem habe ich volles Verständnis für alle Eltern, die sich zwischen Arbeit oder Homeoffice und Homeschooling aufreiben, für Künstler, Hotel- und Gaststättenbetreiber usw., also für alle, die wirklich unter den Einschränkungen leiden. Mein Verständnis endet aber dort, wo Menschen ohne Not Dinge tun, die nachweislich zur Verbreitung des Virus beitragen; wenn eigene Befindlichkeiten wichtiger genommen werden als das Interesse der Allgemeinheit. Also zum Beispiel, wenn Menschen in Horden dicht gedrängt durch die Städte ziehen, wenn man an Orten, wo Maske tragen wirklich sinnvoll ist (also z.B. im Nahverkehr oder beim Einkaufen) diese zwar trägt, aber munter daran vorbeiatmet, und wenn Menschen, die sich bisher für ihre Urlaubsreisen gegen Tod und Teufel impfen ließen, plötzlich in der Corona-Impfung ihr neues Feindbild sehen.

    Mein Credo: Wenn jeder mitdenken und in dem für ihn möglichen Rahmen versuchen würde, möglichst wenig zur Verbreitung von Viren aller Art beizutragen, bräuchten wir nicht solche harten, teilweise wirklich absurden und sinnlosen Maßnahmen, wie sie unsere Regierung in ihrer Hilflosigkeit erlässt – hin- und hergerissen zwischen den verschiedensten (leider oft auch egoistischen) Interessen. Was ist so schlimm an einem Schnelltest? Ich hoffe, dass genügend Menschen so vernünftig sind, sich impfen zu lassen – das ist vermutlich der einzige Weg, aus dieser Situation wieder rauszukommen. Ja, die Impfung kann Nebenwirkungen haben – aber mal ehrlich: Wer hat bisher bei Impfungen gegen Tetanus&Co., Papillomaviren oder FSME, bei der Einnahme von Antibiotika oder anderen Medikamenten ernsthaft über Nebenwirkungen nachgedacht?

    @ Ossiblock:
    Wenn Sie schreiben „Es gab nie eine Übersterblichkeit“ – meinen Sie nicht, dass das daran liegen könnte, dass gewisse Maßnahmen ergriffen wurden und dass sich immer noch ein überwiegender Teil der Menschen daran hält – so dass unser Gesundheitssystem gerade noch in der Lage ist, alle schwerkranken Menschen angemessen zu behandeln?

    Grüße aus Dresden
    Inge

    • Ossiblock schreibt:

      Inge – lesen Sie bitte die Fakten. Es gab 2015 eine Übersterblichkeit und kein Hahn krähte danach.

      Nackte Zahlen und dreiste Lügen zum Virus C

      Es geht mir auch nicht darum, irgendwen zu belehren. Ich bilde mir meine eigene Meinung. Das war schon immer so. Und Propaganda prallt an mir ab. So habe ich die DDR genießen können und teilweise die BRD.

      Wissen Sie – immer mehr Leute ziehen sich zurück. Nicht wegen dem Virus. Sondern wegen der idiotischen Maßnahmen, die mehr schaden als nützen.

      Und seien Sie froh, daß Sie nicht einen Sohn haben, der verzweifelt versucht, mit dem ganzen Chaos klar zu kommen. Wenn ich an mein Abi denke – nee, ich hatte nichts zu befürchten. Und er weiß nie, was am nächsten Tag sein wird.

      Ich habe eine Rubrik „Dialog mit meinem Sohn“ auf meinem Schreibblock. Da können Sie dann ermessen, wie das für junge Leute abläuft.

      Mich stört kaum noch etwas. Ich habe (fast) alles erlebt. [Jetzt kann mich Heidrun steinigen oder auch teeren und federn.]

      Ein sachlicher Gedankenaustausch ist nie verkehrt. Klar ist auch, daß wir nie einer Meinung sein werden. Das wäre auch langweilig.

      Herzliche Grüße nach Dresden

      • Inge schreibt:

        Hallo Ossiblock,

        wie gesagt, ich bin sehr froh, dass meine Kinder die Schule abgeschlossen haben – mein Sohn übrigens gerade noch rechtzeitig 2020, und ich kann die Probleme derer, die nicht in meiner komfortablen Situation sind, gut verstehen. Ich sehe in Schulschließungen nur ein allerletztes Mittel zur Eindämmung der Pandemie, eigentlich sollten gezieltes Testen und Impfen reichen – wenn man denn darauf vertrauen könnte, dass Eltern und Kinder verantwortungsvoll damit umgehen.

        Ich habe aber ein großes Problem mit all den Zahlen, die mir Menschen um die Ohren hauen, um mir zu beweisen, dass Corona „nur eine Grippe“ ist: Keiner hat Zahlen, wie sich die Situation ohne Lockdown entwickelt hätte. Okay, ich weiß, Schweden … aber ich weiß nicht, ob die Situation dort mit der in Deutschland vergleichbar ist. Um das ganz klar zu sagen: Ich bin überzeugt, dass Covid-19 nicht „nur eine Grippe“ ist – nicht wegen irgendwelcher Zahlen, sondern weil ich glaube, dass niemals fast alle Regierungen dieser Welt einhellig derart unpopuläre und ökonomisch katastrophale Maßnahmen ergreifen würden, wenn nicht eine wirkliche Gefahr bestünde.

        Und ja, auch ich finde viele der Maßnahmen sinnlos oder absurd. Für mich ist das ein verzweifelter und hilfloser Versuch, eine aufmüpfige Masse zu einem in einer Pandemie angebrachten Verhalten zu bringen. Zu lange wurde den Menschen hierzulande suggeriert, dass die erstrebenswerte große Freiheit darin besteht, dass jeder ohne Rücksicht auf den Rest der Menschheit, auf die Ressourcen der Erde, auf das Klima usw. tun und lassen kann, was er will. Könnte man auf Vernunft und Mitdenken unserer Mitmenschen vertrauen, wären viele der Maßnehmen sicher nicht nötig.

        Auf der anderen Seite finde ich es auch überheblich, der Regierung Versagen wegen zu lascher Maßnahmen vorzuwerfen. Keiner konnte schließlich wissen, wie sich das Ganze entwickelt.

        Was mir große Angst macht, ist die tiefe Spaltung unserer Gesellschaft, das Nicht-mehr-vernünftig-miteinander-reden-können, ein Graben, der sich inzwischen durch Familien und Freundeskreise zieht, und der gerade wieder durch unkluge Polemik bekannter Künstler vertieft wurde. Ich weiß nicht, wie das mal enden soll…

        Grüße
        Inge

  6. MK schreibt:

    Da bekommt man beim Lesen wirklich ein bisschen Angst: Die verbale Eskalationsschraube noch einen Tick weiter gedreht, und hier können sich Leute, die Argumente für körperliche Gewalt gegen andere Menschen suchen, den gewissen Kick holen. Den Studies und Kids, die an Tagen wie diesen auf der Rasenmühle lagern, gehört für ihre mangelnde Vorsicht auch mal ordentlich eine übergezogen. Vielleicht lässt sich das ja bei einer der endlosen Runden durchs Paradies erledigen. Bleibt die Frage: Bietet die Imaginata eigentlich auch Anti-Agressionstrainings für den Vereinsvorstand an?

    • Heidrun Jänchen schreibt:

      Die Imaginata ist inzwischen seit 7 Monaten geschlossen. Meine 6 festen Mitarbeiter sind seit über einem Jahr in Kurzarbeit. Ansonsten wären wir bereits bankrott und könnten den Laden dicht machen. Das trägt nicht dazu bei, mir die, die Superspreader-Events veranstalten, sympathischer zu machen. Der Verein hängt wie die gesamte Kulturbranche derzeit völlig in der Luft, und wir haben eine Menge fixer Ausgaben, die wir nicht einfach nicht bezahlen können. So ein Umspannwerk ist nicht billig. Wir schauen gerade wieder in das große, schwarze Loch und fragen uns verzweifelt, wann das endlich aufhören wird.
      Ich finde es ja witzig, dass ich so viel Verständnis für Querdenker haben soll, die Woche für Woche Journalisten und Polizisten angreifen (siehe Schmalkalden diese Woche), die von Umsturz träumen und die Hälfte aller Virologen als Volksverräter hinrichten lassen möchten – aber wenn ich mal ein paar wütende Sätze über den Unfug schreibe, dann fühlen sich Leute bemüßigt, mich zu erziehen. Ich habe tatsächlich nicht mehr als ein paar böse und entnervte Blicke geworfen. Darf man noch wütend sein? Auf seinem eigenen Blog? Offenbar nicht. Gegenüber unvernünftigen und immer häufiger prügelnden Horden muss man Verständnis haben. Die Armen leiden ja so unter dem Lockdown.
      Wie schön, dass ich das alles so ungeheuer genießen kann: die eingeengte Welt, das Verbot organisierten Sporttreibens, die Existenzsorgen für meinen Verein. Immerhin darf man ja noch arbeiten! Was will man mehr?

  7. Ossiblock schreibt:

    „Eine Million offiziell registrierte Corona-Fälle gibt es nun in Schweden. Rein rechnerisch hat sich damit bald jeder Zehnte infiziert in dem 10,3-Millionen-Einwohner-Land, und die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Die Inzidenz ist aktuell eine der höchsten Europas. Doch die Zahl der täglichen Corona-Toten liegt schon länger unter denen von Deutschland, auch im Verhältnis zur Bevölkerungszahl.
    https://www.heise.de/tp/features/Schweden-Eine-Million-offiziell-registrierte-Corona-Faelle-6040551.html

    Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Wer keine Zahlen wahrnehmen will, will auch keine ernsthafte Diskussion.

    Mit freundlichen Grüßen

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