Es geht wieder los – Wahlkampf liegt in der Luft. Die CDU in Thüringen war schon immer ein Garant für schlechten Geschmack und Schlammschlacht, wenn es ernst wird. Seit sie in der Oppositon ist, dreht sie vollends frei. Zumindest ihre Landtagswahl-Kampagne arbeitet sich schon mal hart an die AfD heran. Man weiß ja nie, von wem man sich nach der Wahl zum Ministerpräsidenten wählen lassen möchte. Das Hellblau ist schon nahe dran. Die Sprüche sind näher.
Besonders „Nachts allein nach Hause? Die Angst läuft mit.“ ist an AfD-Haftigkeit kaum zu überbieten. Die CDU behauptet, das liege daran, dass man „Thüringen links liegen gelassen“ hätte. Allerdings bestätigt das Plakat vor allem, dass Angst etwas Irrationales ist, dem man mit Vernunft nicht beikommen kann. Denn die Fakten, nun ja, die sind irgendwie anders. Aber man kann Angst, glaube ich, mit derlei Kampagnen trefflich befördern.
Tatsächlich liegt Thüringen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, was Kriminalität betrifft, auf Platz 12 von 16. Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Sachsen-Anhalt, beides seit Längerem fest in CDU-Hand, liegen weit davor.
Und nicht mal im Vergleich mit Thüringen ist es besonders auffällig. 2002, als man noch das Gefühl hatte, man würde die CDU nie aus der Staatskanzlei bekommen, zumindest nicht mehr in diesem Jahrtausend, war Thüringen so kriminell wie heute. Es gibt Schwankungen. 2013 hatte man durch den Zensus festgestellt, dass etliche Thüringer unbemerkt abhanden gekommen waren – die Bevölkerungszahl also kleiner als vermutet und ergo die Kriminalitäts-Häufigkeitszahl höher. Ohne dass sich sonst irgendwas geändert hätte. 2019 stellte man mit umgekehrtem Effekt die IT-Systeme um. Aber davon abgesehen ist der Trend vor allem völlig unauffällig.
Nebenbei habe ich festgestellt, dass die weitaus häufigste Form der Kriminalität in Thüringen mitnichten Amokläufe mit Messern, sondern Betrugsdelikte sind, und dass „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ ganz wesentlich von Pornographie dominiert werden. Am Computer ist es also gefährlicher als Nachts auf der Straße. Was Drogendelikte betrifft, werden die Zahlen durch die Legalisierung von Cannabis praktisch verdunsten. Die kann man in der Pfeife rauchen. 2016 gab es einen rasanten Anstieg von Gewalt gegen Sachen – das waren zerstörte Wahlplakate, Wert pro Stück um die 2 €. Da werden statistisch nicht nur Äpfel und Birnen, sondern auch Johannisbeeren und Kürbisse zusammengeworfen.
Alles in allem gibt es kein Indiz dafür, dass Thüringen ohne die CDU an der Spitze irgendwie unsicherer geworden wäre. Die Angst, die da mitläuft, ist die der CDU, dass sie womöglich noch fünf weitere Jahre nicht am Futtertrog der Macht sitzen könnte. Ein Horror. Da muss man schon ganz tief in die Propagandakiste greifen.